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Lungentransplantation

 


COPD - Eine von Patient und Arzt unterschätzte Atemwegserkrankung


Betroffene können den Krankheitsverlauf selbst beeinflussen

 

Die chronisch obstruktive (einengende) Lungenerkrankung COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) ist eine der häufigsten Erkrankungen der Atemwege bei Erwachsenen - und zwar in der ganzen Welt. Genauso schlimm ist aber das persönliche Schicksal der COPD-Betroffenen, insbesondere bei einem hohen Schweregrad der Erkrankung. Nur wenige COPD-Patienten machen sich - nach unseren Erfahrungen - nach der Diagnose Gedanken über den möglichen weiteren Verlauf der Erkrankung.

Es kommt nicht selten vor, dass erst das Auftreten einer Atemnot bei einer vergleichsweise geringen Anstrengung dazu führt, dass der Betroffenen einen Arzt aufsucht. Das kann aber zur Folge haben, dass der Arzt eine COPD diagnostizieren "muss", deren Schweregrad schon zum Zeitpunkt der Erstdiagnose zwischen mittelgradig und schwer liegt. Allerdings hören wir auch immer wieder, dass die Ärzte nur sehr zurückhaltend mit ihren Patienten über die voraussichtliche weitere Entwicklung "ihrer" COPD reden. Wenn das so sein sollte, dann wird leider auch die Chance verpasst, dem Patienten klarzumachen, wie wichtig sein eigener Beitrag ist, im Rahmen des Möglichen seine chronische, nicht heilbare COPD in ihrem zukünftigen Verlauf zu beeinflussen.

Steigende COPD-Häufigkeit

Eine Verbesserung der Situation ist nicht in Sicht - im Gegenteil: Die Anzahl der COPDPatienten wird weiter steigen. Neuere Untersuchungen in den USA haben ergeben, dass seit dem Jahr 2000 mehr Frauen als Männer an einer COPD sterben - und die Patienten werden immer jünger. Ursächlich dafür ist der hohe Anteil rauchender Frauen in den letzten Jahrzehnten. Besonders fatal ist es, wenn mit dem Rauchen schon als Teenager begonnen wurde. Ärzte vermuten, dass die weibliche Lunge empfindlicher auf Schadstoffe reagiert. Wenn Patienten, die über 40 Jahre alt sind und schon lange rauchen, über akute Atemnot bei Belastungen klagen, sollten Arzt und Patient immer an eine Prüfung der Lungenfunktionen denken. Eine die breite Öffentlichkeit erreichende Aufklärungskampagne ist bisher bei uns nicht zustande gekommen. Die Unterstützung einer solchen Kampagne durch Prominente konnte - anders als bei anderen chronischen Leiden (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Schlaganfall oder AIDS) - bisher nicht erreicht werden. Dass es auch in Deutschland "kurzatmige", nicht mehr oder noch rauchende prominente Persönlichkeiten gibt, ist sehr wahrscheinlich. Aber sich zu einer Krankheit zu bekennen, die als selbstverschuldet gilt, hält offenbar die Betroffenen davon ab, öffentlich dazu zu stehen und andere Menschen vor demselben Schicksal zu bewahren.

Ursachen der COPD-Erkrankung

Die häufigste Ursache für die Entstehung einer COPD ist das Rauchen. Genetische Voraussetzungen und Belastungen durch Feinstäube werden ebenfalls diskutiert. Direkte vorbeugende Maßnahmen stellen lediglich die Bemühungen dar, auf das Rauchen zu verzichten. Das Rauchen rechtzeitig zu beenden oder erst gar nicht damit anzufangen, ist der beste Schutz vor einer COPD. Das Einatmen von Feinstäuben zu vermeiden ist wesentlich schwieriger. Der "öffentlichen" Luft kann der Einzelne schwer entgehen. Eine ausreichende Säuberung der "privaten" Luft, insbesondere in den eigenen Innenräumen, ist - obwohl technisch möglich - wegen der damit verbundenen, oft als zu hoch empfundenen Kosten nicht weit verbreitet. Hinzu kommen Fehleinschätzungen über die Bewertung von Risiken. Es ist sicher sinnvoll, das Passivrauchen zu vermeiden, aber auch nicht unbedenklich, im Herbst und im Winter nur vor dem Kamin zu sitzen und von vielen brennenden Kerzen umgeben zu sein. Die Diagnose ihres Arztes "Sie haben eine COPD" müssen die Betroffenen erst einmal verarbeiten. Da die Diagnose COPD im Allgemeinen erst sehr spät, d. h. in einer Phase gestellt wird, in der die Erkrankung schon erhebliche Beschwerden - Auswurf, Husten, Atemnot - verursacht, erkennen die Betroffenen oft schon selbst, dass sie offenbar krank sind. Umso mehr trifft sie dann die weitere Aussage des Arztes, dass eine COPD nicht geheilt werden und dass die vorgeschlagene Therapie allenfalls ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern kann. Noch dramatischer wird es für die Betroffenen dann, wenn der Arzt dem Patienten sagen muss, dass er schon eine mittelschwere oder gar eine schwere COPD hat - von eventuell schon bestehenden Auswirkungen der COPD als Systemerkrankung auf Herz, Muskeln, Gefäße, Gemüt und Gewicht ganz abgesehen.

Patientenaufklärung ist notwendig

Aus der Sicht einer Patientenorganisation, die mit ihren zahlreichen Aktivitäten und Medien eine Vielzahl von COPD-Betroffenen erreicht und von deren Ängsten und Sorgen erfährt, ist eine individuellere und umfassendere Aufklärung der Patienten durch den Arzt erforderlich. Der Patient muss über den Schweregrad "seiner" COPD, seine gesundheitliche Situation und über die potentielle Entwicklung seiner Erkrankung umfassend informiert werden. Bei anderen chronischen Erkrankungen dürfte die "Aufklärungsquote" deutlich höher sein. Zugegeben ist allerdings, dass es auch Patienten gibt, die an einer Aufklärung nicht interessiert sind. Eine solche Einstellung muss respektiert werden.

Wenn aber der Patient tatsächlich mündig sein oder werden soll, dann muss er auch seine "persönliche" COPD und deren Auswirkungen auf sein weiteres Leben und dessen Qualität besser verstehen und einordnen können. Denn nur dann hat der Patient die Chance und hoffentlich auch die Einsicht, sein weiteres Schicksal selbst in die Hand zu nehmen - getreu unserem Motto "Selbsthilfe schafft Lebensqualität".

Dr. Helmut Berck

 

 


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