COPD: Gesundheitsrisiko Rauchen –
Warum Frauen besonders gefährdet sind
Dass Rauchen krank macht, ist bekannt. Dass Frauen durch Rauchen noch gefährdeter sind als Männer, ist Gegenstand aktueller medizinischer Publikationen.
Was ist eine COPD – wodurch entsteht sie?
Zur COPD (= Chronic Obstructive Pulmonary Disease) gehören die chronisch obstruktive Bronchitis mit oder ohne Lungenemphysem. Dauerhaft verengte und entzündete Atemwege, Husten und Atemnot kennzeichnen diese Volkskrankheit mit den stärksten Zuwachsraten. Hauptursache ist das Rauchen. Bei ca. 10% der Betroffenen sind Passivrauchen, Staub und Dämpfe und selten auch der genetisch bedingte Alpha-1-Antitrypsinmangel die Auslöser.
Die COPD tritt vor allem ab dem 40. Lebensjahr auf. Derzeit sterben rund 12.000 Frauen jährlich an der COPD in Deutschland. Die Anzahl der Krankheitsfälle bei Frauen sind wie bei den Lungenkrebserkrankungen stetig steigend; bei den Männern gibt es diesbezüglich eine relativ konstante Anzahl auf hohem Niveau. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass die COPD im Jahr 2020 weltweit zur dritthäufigsten Todesursache werden wird. In Deutschland leiden heutzutage ca. 8 Millionen Menschen an einer COPD.
COPD bei Frauen auf dem Vormarsch – Hauptursache: Rauchen
Mit einer 25-30-jährigen Verzögerung nimmt die COPD – wie auch der Lungenkrebs - vergleichbar der Zunahme des Rauchens bei Frauen dramatisch zu. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts haben die Frauen in den alten Bundesländern zunehmend am Rauchen Gefallen gefunden. Haben davor meist nur 10% der erwachsenen Frauen geraucht im Vergleich zu 35-40% bei den Männern, hat das weibliche Geschlecht seither nahezu aufgeholt. Der aktuelle Anteil liegt bei 29%, wobei das Einstiegsalter sich deutlich ins Kinder- und Jugendalter verschoben hat. Nach Daten einer internationalen Vergleichsstudie aus dem Jahr 2000 rauchen in Deutschland Mädchen inzwischen sogar deutlich häufiger als ihre männlichen Altersgenossen. Von den 15-Jährigen griffen 27,6 Prozent der Jungen und 35,8 Prozent der Mädchen regelmäßig zur Zigarette.
In den letzten 15 Jahren haben die Frauen in den neuen Bundesländern die Zigarette für sich entdeckt: 1990 haben dort 21% geraucht, knapp 10 Jahre später waren es jetzt auch 29% der Frauen und der weiblichen Jugendlichen.
Die Ursachen für die deutliche Zunahme des Rauchens bei Frauen und Mädchen sind vielfältig. Ausschlaggebend war vor allem, dass die Tabakindustrie die Werbung der letzten 30 Jahre verstärkt auf Frauen abgestimmt hat. Eine geschickte Verknüpfung von Jugendlichkeit, Sportlichkeit, Selbstbewusstsein, Trendsetter und Erfolg hat den Frauen suggeriert, dass Rauchen „in“ ist. Auch die Assoziation, dass Rauchen schlank mache, wurde von mancher Werbung vermittelt. In derselben Zeit wurden die Zigaretteninhaltsstoffe chemisch so verändert, dass man sehr viel schneller nikotinsüchtig wird als früher, so dass das Aufhören sehr erschwert ist.
Frauen trifft es schwerer – ihre COPD ist dramatischer
In zwei großen Studien bezüglich der COPD wurden mehrere geschlechtspezifische Unterschiede nachgewiesen.
Es wird angenommen, dass die geringere Größe und die feinere Anatomie der Atemwege und die ausgeprägtere Überempfindlichkeit der Atemwege dafür verantwortlich sein könnten, dass Frauen - relativ gesehen - schneller und häufiger als Männer an der COPD erkranken. Frauen haben außerdem offenbar stärker unter den Beschwerden einer COPD zu leiden als männliche Patienten: Sie haben subjektiv mehr Beschwerden, leiden stärker unter der Atemnot, weisen größere Lungenfunktionsverluste auf und sind daher körperlich weniger belastbar als Männer. Männer entwickeln demgegenüber häufiger ein Emphysem, also eine Überblähung des Lungengewebes, die die Lungenbläschen zerstört. Frauen haben dagegen deutlich öfter dauerhaft verengte Atemwege.
Durch das kleinere Lungenvolumen sind die vermehrten Beschwerden im Vergleich zu Männern erklärbar, bei denen dieselben Funktionsverluste messbar sind. Gesunde Frauen haben ein Lungenvolumen von 3,5–5 Litern, gesunde Männer von 4–6 Litern. Mit zunehmendem Alter verringert sich das Volumen um durchschnittlich 20–30 Milliliter pro Jahr, bei Raucher/innen hingegen sind es 100–150 Milliliter pro Jahr. Eine 40-jährige Raucherin, die heute bereits an einer mittelschweren COPD leidet, wird in 20 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Atemorgane so geschädigt haben, dass sie voraussichtlich dauerhaft auf die Gabe von Sauerstoff angewiesen ist.
Für die weltweite BOLD („Burden of Obstructive Lung Disease“)-Studie, die die Verbreitung von COPD untersucht, wurden auch in der Region Hannover Untersuchungen durchgeführt. Dabei zeigte sich u.a., dass sich für Raucherinnen mit zunehmendem Alter das Risiko einer Erkrankung dramatisch steigert. Bei den 40-jährigen Patienten ist das Verhältnis zwischen Männern und Frauen noch gleich. Im Alter von 70 Jahren sind jedoch viermal mehr Raucherinnen als Raucher erkrankt. Die Forscher rechnen aufgrund dieser Ergebnisse in den nächsten Jahren mit einer beträchtlichen Erhöhung der Anzahl an COPD erkrankter älterer Frauen.
Daher raten die Lungenärzte Frauen jetzt verstärkt dazu, lieber heute als morgen mit dem Rauchen aufzuhören, um ihr geschlechtsbedingt erhöhtes COPD-Risiko so klein wie möglich zu halten. Auch scheinen Frauen stärker von den COPD-Folgeerkrankungen wie Gewichtsverlust, Lungenfunktionsverlust und Depressionen betroffen zu werden als Männer. Unbestritten ist, dass COPD-Erkrankungen bei Frauen heute fast genauso häufig vorkommen wie bei Männern. In den USA verstarben seit dem Jahr 2000 sogar erstmals mehr Frauen als Männer an einer COPD, obwohl insgesamt etwas weniger Frauen rauchten.
Ärzte empfehlen – Raucherentwöhnung und frühzeitige Therapie
Eine frauenspezifische Therapie gibt es nicht. Die wichtigste Maßnahme ist die komplette Aufgabe des Rauchens. Eine Reduzierung des Zigarettenkonsums alleine verhindert die jährliche Lungenfunktionsverschlechterung nicht. Raucherinnen scheinen noch größere Probleme zu haben, dauerhaft von Zigaretten wegzukommen als Männer. Sollte es eine Patientin nicht alleine mit der Schlusspunktmethode schaffen oder bereits mehrere Rückfälle gehabt haben, ist eine medikamentöse Raucherentwöhnung in Kombination mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen zu empfehlen. Je nach dem Stadium der COPD müssen eine medikamentöse antiobstruktive und antientzündliche Therapie und eine konsequente Therapie der Begleiterkrankungen erfolgen.
In einer aktuellen Studie der Britischen Lungenstiftung wurde nachgewiesen, dass in England fast genauso viele Frauen an einer COPD wie an einem Brustkrebs versterben. Zu den größten gesundheitlichen Ängsten von Frauen zählt jedoch nur bei einem Prozent die COPD, hingegen fürchten die meisten Frauen die Diagnose Brustkrebs. Dies zeigt, dass die COPD in ihrer Schwere deutlich unterschätzt wird und dass viele Frauen sich der Gefahren von chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen gar nicht bewusst sind. Eine frühzeitige Aufklärung - insbesondere bei Jugendlichen – ist daher nachhaltig erforderlich.
Dr. med. Dagmar Gillmann-Blum
Lungenärztin
Pneumologische Gemeinschaftspraxis
Bahnhofstr. 13